Kanzler mit Gestaltungskraft

Manfred Efinger prägte viele Jahre die sichtbare Entwicklung der TU Darmstadt

30.03.2023

Nach rund 15-jähriger Amtszeit scheidet der Kanzler der TU Darmstadt, Dr. Manfred Efinger, am 31. März aus gesundheitlichen Gründen aus dem Amt. Er setzte markante Zeichen hinsichtlich der baulichen Entwicklung der Universität, des Ausbaus der wissenschaftlichen Infrastruktur, des Gesundheits- und Mobilitätsmanagements, der Nachhaltigkeit und der Kunstförderung. In seiner Amtszeit wurden rund 750 Millionen Euro in die Gebäudeinfrastruktur investiert.

Es war nicht zuletzt der besondere Autonomie-Status der TU Darmstadt, der Manfred Efinger Anfang 2008 reizte, aus dem rheinland-pfälzischen Wissenschaftsministerium auf die Position des Universitäts-Kanzlers zu wechseln. „Die TU Darmstadt gewinnt einen ausgewiesenen Wissenschaftsmanager“, hob der seinerzeitige Präsident Professor Hans Jürgen Prömel hervor. Und Efinger legte rasch los und nutzte fortan gemeinsam mit den anderen Präsidiumsmitgliedern und seiner Verwaltung die gesetzlich verankerte Eigenverantwortung der TU. Wohl wissend, dass die auf Wachstumskurs befindliche Universität einen enormen Sanierungsstau auflösen musste, mehr Flächen für studentisches Arbeiten, Lehre und Forschung benötigte, die diversen Campus einen Attraktivitätsschub gebrauchen konnten, das Angebot an Kinderbetreuung und alternativen Mobilitätslösungen ausbaufähig waren.

Bauen hat Konjunktur

Luftaufnahme des Campus Stadtmitte im Oktober 2021. Die TU Darmstadt konnte zahlreiche Großbauprojekte in der 15-jährigen Amtszeit von Dr. Manfred Efinger erfolgreich umsetzen.
Luftaufnahme des Campus Stadtmitte im Oktober 2021. Die TU Darmstadt konnte zahlreiche Großbauprojekte in der 15-jährigen Amtszeit von Dr. Manfred Efinger erfolgreich umsetzen.

In seine erste Amtsperiode fielen etliche Großprojekte wie der Neubau der Universitäts- und Landesbibliothek, des Hörsaal- und Medienzentrums Lichtwiese, des zentralen Uni-Eingangsgebäudes am Karolinenplatz. Die seinerzeit von Bund und Land aufgelegten Konjunktur-Sonderprogramme waren eine willkommene Unterstützung zur rechten Zeit. Bei ab und an getroffenen konfliktträchtigen Entscheidungen – etwa die für die Darmstädter Bürgerschaft zeitweise mit Einschränkungen verbundene Sanierung des denkmalgeschützten Hochschulbades, der Rückbau einer mit Plexiglas gestalteten Schlossgrabenbrücke oder der Wahrung von Sicherheits- und Nutzungsinteressen für den Campus Lichtwiese bei Bundesliga-Fußballspielen – vertrat Efinger konsequent die Interessen der Universität.

Auch in der Personalentwicklung konnte er auf die Universitätsverwaltung bauen und Akzente setzen – etwa mit der Einführung einer freiwilligen betrieblichen Altersvorsorge für angestellte Professor:innen. Wichtig war ihm das „Kultivieren von Führung“ etwa durch das Etablieren eines breiten Spektrums an Kollegs. Dazu passten seine Ambitionen, die Universität als „familienfreundliche Hochschule“ zu profilieren. Diesen Status hat sie nach mehreren erfolgreichen Reakkreditierungen dauerhaft seit 2018. Parallel wurden zwei Kinderhäuser neu gebaut, entstanden mehr Eltern-Kind-Räume.

Augenmerk auf Gesundheit

Tatkräftiger Einsatz für die Gesundheit: Dr. Manfred Efinger präsentiert universitäre Gesundheitsangebote auf dem Campusfest TU meet & move.
Tatkräftiger Einsatz für die Gesundheit: Dr. Manfred Efinger präsentiert universitäre Gesundheitsangebote auf dem Campusfest TU meet & move.

Die TU präsentierte sich unter Kanzler Efinger auch auf dem Feld des betrieblichen Gesundheitsmanagements als attraktive Arbeitgeberin – etwa mit gezielten Angeboten des Unisport-Zentrums und „UniGym“-Fitnessräumen auf dem Campus. Auch die gesundheitlichen Belange der Studierenden stehen im Fokus – dafür wird aktuell eigens ein zentrales Gebäude grundsaniert und umgewidmet.

Professorin Dr.Tanja Brühl,
Präsidentin der TU Darmstadt

Im Namen des Präsidiums und der gesamten Universität danke ich Manfred Efinger sehr für seinen unermüdlichen Einsatz für unsere Universität und die vielfältigen Impulse sowie Wegmarken, die er bei der Entwicklung der TU Darmstadt in seiner fast 15-jährigen Amtszeit als Kanzler gesetzt hat. Er hat damit unsere Universität maßgeblich erfolgreich mitgestaltet. Er hat mir persönlich den Einstieg in meine Tätigkeit als Präsidentin durch kluge Ratschläge und das zur Verfügung stellen von Hintergrundinformationen und sein großes Erfahrungswissen enorm erleichtert.

Prof. Dr. Tanja Brühl, Präsidentin der Technischen Universität Darmstadt
Bild: Katrin Binner

Tempo zählte für Efinger zudem beim Mobilitätsmanagement, der flächendeckenden Parkraumbewirtschaftung und der Einführung der „Mobilitätskarte“ für die TU-Mitglieder, um Anreize für den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel zu bieten. Zugleich wurde das Radwegenetz erweitert, entstanden weit mehr als tausend zusätzlicher Fahrradabstellplätze. Ende 2019, als sich Efinger erneut erfolgreich zur Wiederwahl stellte, konnte er bilanzieren: Eine Vielzahl an sanierten Hörsälen, Seminarräumen und Lernzentren für Studierende, Inbetriebnahme des Lichtenberg-Hochleistungsrechners, ein Forschungsgebäude für Cybersicherheit und Privatheit, effiziente Zusammenführung der Infrastruktur des Fachbereichs Maschinenbau, neue Impulse für den Campus Griesheim, mehr attraktive und mit angekauften Kunstskulpturen angereicherte öffentliche Plätze, Baumpflanz-Aktionen und Grünflächengestaltung.

„Grüner“ und vorbildlicher Campus

Seit April 2022 ist der energieeffiziente Campus Lichtwiese mit der Straßenbahn-Linie 2 erreichbar.
Seit April 2022 ist der energieeffiziente Campus Lichtwiese mit der Straßenbahn-Linie 2 erreichbar.

Letztere waren Teil eines umfangreichen Nachhaltigkeits-Programms unter Kanzler Efinger: Dessen Kernelemente waren und sind das vom Bund geförderte Modellprojekt „energieeffizienter Campus Lichtwiese“, die Erweiterung der Energiezentrale und der Ausbau einer zentralen Kälteversorgung. Der wohl wegweisendste, in der Stadt lange politisch umkämpfte Meilenstein, war die Anbindung des Campus Lichtwiese an das Straßenbahnnetz – die Linie 2 ist seit April 2022 in Betrieb.

Mit ihrem Baudezernat wagte sich die Uni auch an die behutsame Aufwertung ihrer vielen denkmalgeschützten Gebäude, darunter das Alte Maschinenhaus und die Wasserbauhalle. Nach der Auszeichnung mit dem Sonderpreis Deutscher Städtebaupreis 2018 für die vorbildliche Umgestaltung und Neugliederung des Campus Stadtmitte konnten der Kanzler und die TU-Bauabteilung 2022 einen der Hessischen Denkmalschutzpreise für vorbildliches Engagement um die Sanierung wiederentdeckter Überreste der historischen Stadt- und Gefängnismauern entgegennehmen.

Manfred Efinger, promovierter Politologe, war es stets auch ein Anliegen, einen kritischen Blick auf die Geschichte der TU Darmstadt zu wahren. Das von ihm initiierte und vom Präsidium beschlossene Forschungsprojekt zur TH im Nationalsozialismus fand bundesweit Beachtung und gilt als mustergültige wissenschaftliche Aufarbeitung, die mit der symbolischen Rehabilitierung von Opfern des NS-Regimes einherging. In den vergangenen Jahren förderte Efinger außerdem etliche Ausstellungen zu TH-Persönlichkeiten und die Herausgabe von mehreren Bildbänden etwa zur Baugeschichte.

Sensibel für Geschichte, Kunst und Kultur

Schmuckstück des neuen Orgelsaals im Darmstädter Schloss ist eine restaurierte Orgel, die 1883 von Christoph Ludwig Goll erbaut wurde.
Schmuckstück des neuen Orgelsaals im Darmstädter Schloss ist eine restaurierte Orgel, die 1883 von Christoph Ludwig Goll erbaut wurde.

Das wohl komplexeste Bauprojekt, die demnächst abgeschlossene Sanierung des Residenzschlosses, hat Efinger in all den Jahren seiner Amtszeit beschäftigt. Für die historisch getreue Neugestaltung und Öffnung des Schlossgrabens als Gartenanlage konnte er Mäzene und Stifter gewinnen; genauso für die Restaurierung einer zeitgenössischen Orgel, die 2022 zur feierlichen Eröffnung eines Schloss-Saals erklang. Ausgeprägten Sinn für Kunst und Kultur als Teil universitärer Identität hat Efinger oft bewiesen – mit dem Ankauf von Skulpturen für den öffentlichen Raum wie mit der Einrichtung eines Kunstforums im Jahr 2016. Es offeriert auf den Schauflächen im Alten Hauptgebäude wie unter freiem Himmel innovative Zugänge zu gesellschaftlich relevanten Themen, kuratiert weithin beachtete Ausstellungen internationaler zeitgenössischer Kunstschaffender und festigt mit Veranstaltungen die Vernetzung mit der Stadtgesellschaft.

Derzeit entsteht ein International House der TU im Herzen Darmstadts; und es drehen sich erneut viele Baukräne um Gruben und Rohbauten auf dem Campus Lichtwiese – alles Projekte, die der scheidende Kanzler maßgeblich mitangestoßen hat. 2019 schloss er seine Zwischenbilanz in der Universitätsversammlung mit einem Zitat von Antoine de Saint-Exupéry: „Man kann nicht in die Zukunft schauen, aber man kann den Grund für etwas Zukünftiges legen – denn Zukunft kann man bauen.“

feu

Wissenschaftsstadt Darmstadt ehrt Dr. Manfred Efinger

Für seine Verdienste während seiner Amtszeit als Kanzler der TU Darmstadt ist Dr. Manfred Efinger am 28. März mit der Silbernen Verdienstplakette der Wissenschaftsstadt Darmstadt ausgezeichnet worden. Efinger habe sich „mit großem Erfolg in die fach- und institutionenübergreifende Zusammenarbeit für das Wohl und Ansehen der Wissenschaftsstadt Darmstadt eingebracht, sowohl in der Stadt, in der Region, in Deutschland und darüber hinaus“, sagte Oberbürgermeister Jochen Partsch in seiner Laudatio bei der Verleihung.

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Die Universitätsversammlung wählt voraussichtlich am 26. April einen neuen Kanzler. Bis zu dessen Amtsantritt führt Dezernent Stefan Weisenseel als stellverstretender Kanzler die Geschäfte.