Ernst-Neufert-Halle
Standort: Stadtmitte, Gebäude S3|07
10.07.2014
Mit der Zusammenführung des Wasserbauinstituts auf dem Campus Lichtwiese und der damit verbundenen aufwändigen Sanierung der ehemaligen Wasserbauhalle des berühmten Architekten Ernst Neufert beginnt eine neue Ära in der Nutzung des außergewöhnlichen Nachkriegsbaus. Unter dem wellenförmigen Dach haben nun die zentralen Werkstätten der Universität ihre neue Wirkstätte gefunden.
Ermöglicht wurde dies durch eine originalgetreue Sanierung der inzwischen denkmalgeschützten ehemaligen Versuchshalle des Instituts für Wasserbau und Wasserwirtschaft. Das neue Domizil bietet eine großzügige und helle Montagehalle, ein sicheres Arbeitsumfeld und verkürzte Arbeitswege für die Mitarbeiter*innen der Betriebsgruppen, die bis dato im Sockelgeschoss des Alten Hauptgebäudes untergebracht waren. Das von gelben Klinkern und dem imposanten wellenförmigen Dach geprägte Äußere der Halle bleibt dank innovativer Lösungen und kaum merklicher Eingriffe als ein herausragendes Beispiel der Industriearchitektur der 1950er-Jahre erhalten.
Baubeschreibung und Nutzung
Die noch fast im Originalzustand erhaltene und denkmalgeschützte Halle wies im Vorfeld starke Witterungsschäden auf und entsprach nicht mehr den Wärme- und Brandschutzverordnungen. Daher galt es, sie nicht nur baulich an ihre Folgenutzung anzupassen, sondern zugleich ein großes Maß an Rücksicht vor dem Bestand zu wahren. Neben der ehemaligen Versuchshalle, die den größten Flächenanteil innehat, findet sich am westlichen Ende der Halle das dreigeschossige ehemalige Institutsgebäude mit dem 15 m hohen Wasserturm. An der Nordseite liegt ein zweigeschossiger, um ein halbes Stockwerk abgesenkter Riegel, dessen versetzte Ebenen durch eine vorgelagerte Verkehrszone eine direkte und einfache Verbindung zur Halle bieten.
Innovative Baukultur im Stile der Moderne
Das Tragwerk der Halle besteht aus einem filigranen Stahlbetongerüst, das im unteren Bereich der Außenseiten mit gelben Klinkersteinen ausgefacht wurde und darüber bis zum Dach mit großen Glasflächen abschließt. Das aus Spannbetonschalen bestehende Dach scheint daher und auch aufgrund des großen Dachüberstands frei über dem Mauerwerk zu schweben. Die Konstruktion ist im Inneren von der Fassade gelöst, was den Eindruck einer „großen Welle“ noch verstärkt. Das frei gespannte Hallendach ermöglicht im Inneren einen stützenfreien Raum, der ursprünglich zwei 3 m tiefe Strömungskanäle für Modellversuche mit Staudämmen und Wasserbauten, sowie zwei jeweils 1 m tiefe Versorgungskanäle an den Längsseiten beherbergte.
Schrittweise Sanierung von außen nach innen
In einem ersten Schritt erfolgte die Sanierung der Gebäudehülle und Stahlbetonkonstruktion. Die teilweise nur 7 cm starken Spannbetonschalen des Dachs wurden mit einer sich zum Rand hin verjüngenden Wärmedämmung versehen, die auf diese Weise den eleganten Charakter der Dachform wahrt. Sämtliche Betonteile wurden dem Original entsprechend instandgesetzt. Die Stahlkonstruktion der großzügig verglasten Südfassade war stark korrodiert und sowohl aus statischer, als auch wärmetechnischer Sicht nicht mehr tragbar. Um ihren filigranen Charakter dennoch zu wahren, wurde eine Isolierverglasung nachgerüstet, die in Aufteilung und Profilbreite dem Original entsprechen.
In einem zweiten Schritt erfolgten die Innenraumsanierung und die Vorbereitung für die Nutzung durch die Werkstätten. Für die unterschiedlichen Gewerke (Heizung, Klima, Lüftung, Sanitär und Elektro, Schreinerei, Schlosserei sowie Lackiererei) wurden Raumboxen in der Halle aufgestellt. Die Freiflächen dienen als Montage- und Lagerplatz. Im nördlichen, abgesenkten Baukörper finden sich im Obergeschoss die Meisterbüros mit direkter Blickbeziehung in die Halle und Räumlichkeiten für die Belegschaft im Untergeschoss. Der westliche Gebäudetrakt steht den Ingenieurinnen und Ingenieuren des technischen Gebäudemanagements zur Verfügung. Der ehemalige Wasserturm bleibt äußerlich unverändert und nimmt in Ober- wie Untergeschossen die Gebäudetechnik auf. Details wie die alten Wasserstandsanzeiger an der Stirnseite der Halle oder die Deckenstrahler mit ihren typischen tütenförmigen Metallgehäusen der 1050er Jahre wurden überarbeitet, so dass Charme und Funktion sowie der ursprüngliche Charakter des Gebäudes erhalten bleiben.
Zahlen und Fakten
Bauherrin:
Technische Universität Darmstadt
Dezernat V – Baumanagement und Technischer Betrieb
Zuständigkeit: Referat V C
Planung: Ramona Buxbaum Architekten, Darmstadt
Baukosten: 7,04 Mio. €
Bauzeit:
Energetische Sanierung der Gebäudehülle: 05/2012 – 12/2011
Innenraum: 01/2009 – 05/2014
Einweihung: 10. Juli 2014
Nutzfläche: 2.502 m²